Einführung
Die Schulen spiegeln noch heute das Industriezeitalter wider. Sie sind organisiert wie Fabriken. Was wäre, wenn wir sie zu Einrichtungen machen würden, die auf Kreativität statt auf Konformität setzen? Ein TED-Talk als Plädoyer für ein besseres Bildungssystem von Sir Ken Robinson (1950-2020), britischer Bildungsexperte, Autor und Theaterpädagoge.
Übersetzung und Sketchnote von Cognitive Media (via Bildungszentrale für politische Bildung).
Nach 15 Jahren aktualisiert der Bildungsforscher John Hattie seine weltweit beachtete Metastudie zu guten Lernbedingungen. John Hatties neue Metastudie basiert auf Studiendaten von 400 Millionen Schüler*innen weltweit und untersucht, wie Lehrende und Technologie die Leistung von Lernenden beeinflussen. Lehrkräfte haben den größten Einfluss – aber auch KI oder Flipped Classrooms beeinflussen die Leistung. John Hattie hat in einem Gastbeitrag die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst. [1]Education expert John Hattie’s new book draws on more than 130,000 studies to find out what helps students learn, in einer Übersetzung durch Table Media
Sie schlägt vor,
- dass sich personalisiertes Lernen auf die Verwendung einiger weniger immerwährender Tools konzentrieren sollte, die in mehreren Fächern und mit unterschiedlichen Ergebnissen eingesetzt werden können
- Werkzeuge zu verwenden, die zur Kreativität einladen und die individuelle Leistung der Lernenden bei authentischen Kompetenzen befördern helfen.
- die Lernenden formativ zu begleiten.
Dabei sollten Lehrkräfte sicherstellen,
- dass vor dem Einsatz der Werkzeuge ein ausführliches On-Boarding stattfindet (Einführung in die Arbeits- und „Denk“struktur).
- dass die Schüler*innen zu Produzenten und nicht zu Konsumenten werden,
- dass keine übermäßige Abhängigkeit oder ein Mangel an persönlicher Interaktion stattfindet
Zu den potenziellen Herausforderungen zählt sie den Zeitaufwand bei der Einführung der Werkzeuge und der unverzichtbaren Evaluation ihres Einsatzes auf Wirksamkeit und Erfolg einer individualiserten Lernens. Die Lehrkräfte benötigten dazu Unterstützung, da die dazugehörigen Items nicht leicht zu formulieren seien.
Freiherr-vom-Stein-Schule, Neumünster
Schule in der digitalen Welt: Den Kulturwandel gestalten
Eine zeitgemäße Bildung in der digitalen Welt ist das Ziel der Freiherr-vom-Stein-Schule in Neumünster. Ein integrales Medienkonzept hilft dabei, es zu erreichen. Wie viele andere gesellschaftliche Bereiche wird die Digitalisierung auch die Schulen tiefgreifend verändern. Schon jetzt ist absehbar, wie dies in den Bereichen Organisation, Personal und Unterricht geschieht. Aber wie kann Schule in einer selbstlernenden Netzwerkgesellschaft aussehen und funktionieren? Ausgehend von dieser Frage hat die Freiherr-vom-Stein-Schule ein integrales Medienkonzept entworfen, auf dessen Basis die Einrichtung systematisch weiterentwickelt wird.
Realschule am Europakanal, Erlangen
Digitale Schule: Konzept zum digitalen Unterricht
Multimedial angereichertes Unterrichtsmaterial kann in Kombination mit neuen Unterrichtsmethoden und dem Einsatz von Tablets zu besseren Lernerfolgen führen. Mehr zum Konzept: hier lang … Gleichzeitig erwerben die Schülerinnen und Schüler notwendige Kompetenzen für ein erfolgreiches Lernen und Arbeiten im 21. Jahrhundert. „Flipped Classroom“: Auf Basis von eigens erstellten Tutorials erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler theoretische Grundlagen bereits vor dem Unterricht. So bleibt im übrigen Chemie-Unterricht mehr Zeit für Experimente.
Berufsentwicklung
Mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen rund um die Künstliche intelligenz (KI) kann der Einsatz digitaler Medien in Schulen dazu beitragen, Schüler*innen auf zukünftige Berufe vorzubereiten, insbesondere auf solche, die mit Technologie und digitalen Medien zu tun haben. Durch den Umgang mit digitalen Werkzeugen und Technologien in Schulen, können Schüler*innen beispielsweise Fähigkeiten wie Problemlösung, kritische Denkfähigkeit, Kreativität und Teamarbeit entwickeln, die in vielen Berufen von großer Bedeutung sind.
In vielen Berufen werden Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien und Medien vorausgesetzt, wie z. B. Programmierung, Datenanalyse, Social Media Management, Webdesign, usw. Durch den Einsatz digitaler Medien in Schulen können Schüler*innen diese Kenntnisse und Fähigkeiten erlernen und somit besser auf zukünftige Berufe vorbereitet werden.
Wenn man die allgegenwärtige Digitalisierung und das Bildungswesen miteinander in Bezug setzt, sind folgende Aspekte wichtig: [3]Auszüge aus: https://www.schule-bw.de/themen-und-impulse/medienbildung/handreichungen/basisband/beitraege-schvw-bw-unterrichts-und-schulentwicklung/stefan-voss-schvw-bw-2-2019.pdf
- Die Digitalisierung ist so eng und selbstverständlich mit unserem Alltag verbunden (von der Onlinerecherche über den Fahrkartenautomaten bis zum Intranet der Kultusverwaltung), dass schon von einer digitalen Transfomation gesprochen werden kann.
- Dabei kommt der Schule die Aufgabe zu, junge Menschen dabei zu unterstützen, angesichts der rasanten und tiefgreifenden Veränderungsprozesse im beruflichen, im sozialen und im politischen Kontext diese Welt aktiv zu gestalten. (…) Die jungen Menschen nutzen digitale Medien schon vielfach für ihr Lernen – mal zielgerichtet, mal weniger; mal lernförderlich, mal weniger; mal im Wissen um rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. den Datenschutz, das Urheberrecht, den Jugendmedienschutz), mal ohne dieses Wissen. (…)
- Vor allem die Schule ist der Ort, an dem Lernende in didaktisch aufbereiteten Kontexten digitale Medien sinnvoll und qualitätsorientiert einsetzen lernen können.
Mit Blick auf 2030: Was genau benötigen die Schülerinnen und Schüler eigentlich als Grundlage für ein erfolgreiches Berufsleben? Welche Berufe erwarten die Heranwachsenden und welche Berufe sterben aus? Im Jahr 2030 sind vermutlich Beschäftigte in den folgenden Branchen ohne Arbeit:
- Kaufmännische Berufe (inkl. Kaufleute im Handel, Lehrkräfte für diesen Bereich)
- Finanzanalysten
- Maschinenbediener und -einrichter
- Packarbeiter
- Einkäufer
Hintergrund der Prognose: Roboter bzw. Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) lassen diese Berufe mehr und mehr in den Hintergrund treten. Vermutlich wird es den weiterbildungswilligen Berufstätigen in diesen Bereichen gelingen, die Robotisierung mit Fach-Know-how zu begleiten, aber bei Weitem nicht so viele, wie quantitativ zur Verfügung stünden.
In weiterbildenden Schulen ist das Thema Berufsorientierung fester Bestandteil des Schulangebots. Angefangen von den Girls- und Boys-Days über Berufsmessen und Betriebspraktika bis hin zu Uniwochen erhalten Schüler*innen einen Einblick in aktuelle Berufe. Reicht das angesichts der Entwicklungen rund um Industrie 4.0 aus? Eine Tabelle, die zukünftige Berufsbilder auflistet, lässt Zweifel aufkommen:[4]https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/OECD_Lernkompass_2030.pdf, S. 74
Ein Blick in die Spalte „Skills“ macht deutlich, was von den heutigen Schüler*innen, den zukünftigen Arbeitnehmer*innen, erwartet wird: Die 4Ks (Kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation, Kreativität), eingebettet in Lösen von komplexen Problemen. Kognitive Flexibilität und emotionale Intelligenz sind weitere Fähigkeiten, die wenig und schon gar nicht explizit im Unterricht in den Blick genommen werden. All diese Skills sind Fähigkeiten, welche Maschinen und Roboter (noch) nicht übernehmen können.
Zusammenfassung
Seit Schulen ans Netz e. V. (ab 1996) halten die Diskussionen rund um Sinn und Unsinn eines Einsatzes digitaler Technologien im Unterricht an. Damals wie heute ist häufig zu beobachten: Technologie als Ersatz für analoge Geräte – das iPad/ Tablet/Laptop als Schulbuchersatz, das Whiteboard als Tafelersatz.Natürlich gibt es auch positive Entwicklungen und doch weisen Ergebnisse der empirischen Bildungsforschung darauf hin, dass vor allem während der Pandemie das pädagogische Personal vielfach versucht hat, den Stundenplan 1-1 auf zu Hause zu übertragen („Homeschooling“) und damit innovative Lehr- Lernkonzepte in den Hintergrund treten ließen. Dazu zählen vor allem
- Blended learning Konzepte, entwickelt in Lehrkräftekooperationen bei gleichzeitiger Transparenz gegenüber der gesamten Schulgemeinde (Schülerinnen und Schüler, Eltern, Schulträger)
- Feedbackverfahren (bidirektional, also: Rückmeldungen von den Lernenden <–> Rückmeldung an die Lernenden zu geben),
Und doch gibt es zumindest auf politischer Entscheidungsebene keinen Zweifel daran, dass zum Bildungs- und Erziehungsauftrages Technologie Eingang in den Unterricht finden müssen. Das pädagogische Personal wird sich der Frage zu stellen haben, wie eine humane Schule im Zeitalter der Digitalisierung (Klaus Zierer/Christina Schatz) aussieht und wie Chancen einer Digitalisierung im Unterricht genutzt werden können, bei Abwägung der folgenden Pros und Cons:
PRO
Für einen Einsatz digitaler Medien werden vielfach die folgende Gründe angeführt:
- Digitale Medien ermöglichen einen interaktiven und multimedialen Unterricht, der Schüler*innen motiviert und ihre Aufmerksamkeit hält.
- Sie ermöglichen einen personalisierten Lernansatz, bei dem Schüler*innen auf ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt lernen können.
- Sie erleichtern den Zugang zu Informationen und Ressourcen, die für den Unterricht relevant sind.
- Sie ermöglichen es Schüler*innen, ihre Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien zu entwickeln, die in der heutigen Gesellschaft von großer Bedeutung ist.
- Sie ermöglichen den Austausch und die Zusammenarbeit mit Schüler*innen und Lehrer*innen aus anderen Teilen der Welt.
Contra
- Technologische Abhängigkeit: Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht kann dazu führen, dass Schüler*innen und Lehrer*innen von diesen abhängig werden und Schwierigkeiten haben, ohne sie auszukommen.
- Datenschutz: Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht kann Datenschutzprobleme aufwerfen, insbesondere im Zusammenhang mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Schüler*innen und Lehrer*innen.
- Breitbandabdeckung: In einigen Gegenden gibt es möglicherweise Probleme mit der Breitbandabdeckung, die den Einsatz digitaler Medien im Unterricht beeinträchtigen können.
- Cybermobbing: Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht kann das Risiko von Cybermobbing erhöhen.
- Zeitverschwendung: Es besteht die Gefahr, dass Schüler*innen ihre Zeit mit unangemessenen Aktivitäten verschwenden, anstatt sich auf den Unterricht zu konzentrieren.
Innovative Schul- und Lernkonzepte in Verbindung mit Bildungstechnologien können Lösungen für langjährige Herausforderungen im Bildungsbereich bieten. Die Bildungsministerien sollten eine führende Rolle bei der Entwicklung der Schule der Zukunft einnehmen, indem sie den multilateralen Wissensaustausch unterstützen und Anreize sowie finanzielle Mittel für die zukunftsorientierte Ausrichtung von Schulen bereitstellen. Offenheit für Neues, Veränderungsbereitschaft und konstruktiver Austausch zwischen allen Beteiligten. Die Schulpolitik ist gefordert, Experimentierräume zu schaffen, die eine Anpassung an sich verändernde Lebens- und Arbeitswelten ermöglichen, einschließlich Datenschutzkonzepten und finanzieller Ressourcen für Bildungstechnologien. Fortbildungen, Workshops und Netzwerktreffen für Lehrkräfte und Schulleitungen sollen gefördert werden.
Der Einsatz digitaler Medien im Unterricht muss gut geplant und durchdacht sein, um eine effektive Nutzung zu gewährleisten. Organisatorische und infrastrukturelle Einschränkungen müssen bei der Planung und Umsetzung berücksichtigt und Maßnahmen zu deren Minimierung getroffen werden.
Weiterführende Links
- bildungsserver: Lehrkräftebildung digital
Der Kompetenzverbund lernen:digital gestaltet den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis für die digitale Transformation von Schule und Lehrkräftebildung. Vier Kompetenzzentren (KomZen) bündeln in den Bereichen MINT, Sprache/Gesellschaft/Wirtschaft, Musik/Kunst/Sport und Schulentwicklung die Expertise aus rund 200 länderübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten. In den Projekten entstehen evidenzbasierte Fort- und Weiterbildungen, Materialien sowie Konzepte für die Schul- und Unterrichtsentwicklung in einer Kultur der Digitalität. Eine Transferstelle macht die Ergebnisse für Lehrkräfte sichtbar, fördert die ko-konstruktive Weiterentwicklung mit der Praxis und unterstützt den bundesweiten Transfer in die Lehrkräftebildung.
References